Willisau gewinnt die Swiss Wrestling Winforce Premium League 2020 und wird somit zum 15. Mal Schweizermeister. Das Duell des Rekordmeisters aus Willisau und den Kontrahenten aus Freiamt wurde auf Messers Schneide geführt und erst im letzten Kampf entschieden. In diesem liess Tobias Portmann all sein Können aufblitzen, besiegte Reto Gisler mit 3:0 Mannschaftspunkten und sicherte dem RC Willisau damit die Titelverteidigung. Michael Portmann zeigte ebenfalls einen guten Kampf gegen den körperlich überlegenen Marc Weber und unterliegt diesem nur knapp mit 1:2.


 Foto: Willisauer Bote | Mathias Bühler

In diesem doch sehr speziellem Jahr, in welchem der Final ohne die Stimmung der grossen Fanlager beider Vereine ausgeführt wurde, fiel es weder Michael noch Tobias schwer, die Wichtigkeit des Kampfes wahrzunehmen. "Wir waren sehr motiviert und unsere Fans überraschten uns die ganze Woche hindurch mit Plakaten. Ihre Unterstützung war immer spürbar, das spornte uns zusätzlich an." so Tobias. 


 Im ersten Final auswärts durfte es Tobias, wie bereits zwei Mal in der Vorrunde, mit Randy Vock aufnehmen. Dass er Vock in beiden bisherigen Kämpfen bezwingen konnte, erhöhte den gefühlten Druck auf Tobias nicht sonderlich. Zuvor betrat aber sein Bruder gegen Pascal Strebel die Matte. Strebel startete 2012 bei den Olympischen Spielen und zählt auch heute noch zu den Besten. "Es ist ein sehr enger Kampf, beide können Ihn gewinnen", so Michael vor der Begegnung. Michael startete stark und geht in Führung. Es gelingt ihm sogar Strebel Passiv zu stellen. Doch die Aktion, in welcher Michael Strebel hochheben will, missglückt. "Klar ist es schade, wenn man eine Aktion versucht und dann sogar Punkte abgibt, doch daran hadern hilft im Kampf leider nichts. Man muss nach vorne schauen". Michael gibt alles, doch auch in der zweiten Hälfte läuft vieles gegen ihn. Der Jüngere der beiden Brüder wird selbst in die Bodenlage geschickt. Ein harter Entscheid, der zusätzlich durch die technische Klasse von Strebel mit einem Durchdreher bestraft wurde. Die Chancen auf einen Sieg waren aber durchaus noch realistisch. Michael verfügt über eine starke Ausdauer, die ihm vor allem in der 2. Kampfhälfte hilft. Aus taktischen Gründen endschied sich Michael aber dafür, den Kampf lieber knapp zu verlieren als das Risiko für eine noch höhere Niederlage einzugehen. «Ich kann gegen Strebel gewinnen, das wollte ich heute zeigen. Ganz ehrlich: Ich bin trotzdem etwas enttäuscht mit meiner Leistung.", erklärte Michael nach dem Kampf. 

Tobias gewinnt erneut gegen Vock!

Tobias stand vor dem letzten Kampf vor einer schwierigen Aufgabe. Die Lions liegen deutlich hinten und es müssen Punkte her. Die Schwierigkeit dabei: Sein Gegner heisst Randy Vock. Er war ebenfalls Teil des Nationalkaders und wurde Dritter bei der EM von 2019. Tobias startet stark und bestimmt das Kampfgeschehen. Nach 90 Sekunden Kampfzeit wurde Randy ermahnt und musste in den nächsten 30 Sekunden Punkten. Tobias überzeugte aber weiterhin mit einer guten Defensive und so kann Randy in der vorgegebenen Zeit nicht punkten. Tobias gelingt direkt nach der gegnerischen Passiv-Zeit ein schöner Beinangriff. Nach dem Kampf erklärt er uns, dass er sich in diesen trotzdem noch verbessern will. Mit dem 3 zu 0 Vorsprung ging es dann in die Pause. In der zweiten Halbzeit bietet sich Vock weiterhin kaum eine Angriffsmöglichkeit und Tobias agiert Tonangebend wie anhin. Mitten in der zweiten Halbzeit gelang es dem talentierten Ringer aus Freiamt dann doch, ein Konter gegen Tobias einzuleiten. Nur mit grosser Mühe konnte sich dieser aus der heiklen Situation retten. Hier einen Mannschaftspunkt zu verlieren wäre fatal gewesen. Gleich darauf wurde dann Tobias ermahnt und musste in den nächsten 30 Sekunden punkten. Mit dem zweiten Angriff konnte Tobias Randy aus der Kampfzone befördern und wendete damit den Mannschaftspunkt zugunsten der Freiämter wiederholt ab. ,,In diesem Moment stand ich vor einer schwierigen Entscheidung: Soll ich weiter Angreifen und einen Punktverlust riskieren, oder den Vorsprung verteidigen? Ich entschied mich für Letzteres", erklärte Tobias. Es blieb dann auch bei den zwei wichtigen Mannschaftpunkten, die Tobias für Willisau sichern konnte.  Am Ende liegen die Willisauer mit 15:18 drei Punkte hinter Freiamt, die es beim alles entscheidenden Rückkampf aufzuholen galt. 

Beim Rückkampf, in welchem unklar war, ob Michael oder Jonas Bossert in der Begegnung bis 80 Kilogramm antreten wird, stand an. Das Trainerteam entschied sich für Michael und setzte Jonas in der Kategorie bis 75 Kilogramm ein. Somit war klar, dass Michael auf einen Körperlich stärkeren Gegner treffen wird. Mit Marc Weber stand ihm auch gleich die "Lokomotive" der Liga gegenüber. Die Willisauer konnten bereits in der ersten Halbzeit den Rückstand vom Hinkampf wett machen. Die Aufgabe war klar: Gegen den leicht zu favorisierenden Weber entweder nur knapp zu verlieren oder sogar zu gewinnen. Zu Kampfbeginn wurde direkt der körperliche Unterschied der beiden deutlich. Michael musste sich auf seine Defensive konzentrieren und seinem Gegner schon bald die ersten Punkte zugestehen. Nach einer zusätzlichen Bodenlage gegen Michael stand es zur Pause 5:0. Ein Resultat, mit dem der Meistertitel für Freiamt nur noch Formsache gewesen wäre. 

"Unser Trainer sagte mir in der Pause: «Michi du musst ein 1:2 Mannschaftspunkte holen. Ich weiss nicht wie, aber du musst", sagte Michael nach dem Kampf mit lächelnder Stimme. Doch Weber punktete erneut. Michael brauchte nun 2 Punkte, um das Ziel zu erreichen. Dann endlich: Michael kann aufdrehen, wirkt aktiver als zuvor und arbeitet Klug an der Zone. Die Erschöpfung ist gross und trotzdem kommt er zu einem Punkt. Der erste so wichtige Zähler ist Tatsache. Michael will mehr, lässt den Kampf am Mattenrand laufen und befördert Weber wieder geschickt ins Aus. Das 1:2 ist im Trockenen und das Ziel somit erreicht. "Mit meinem Kampf muss ich zufrieden sein. Vor allem meine Ausdauer war stark.» Michael äussert sich aber auch selbstkritisch: «Gegen Weber kann ich gewinnen. Das will ich im nächsten Aufeinandertreffen zeigen."
 
 Spannender kann sich ein Finalkampf nicht entwickeln. Willisau hält sich im Meisterrennen und liegt vor dem letzten Kampf mit drei Punkten hinten. Jetzt liegt alles in den Händen von Tobias. Er muss ausgerechnet gegen seinen früheren Trainer Reto Gisler ran, der seinen Ringstil genaustens kennt. "Ich wusste er wird irgendwann mit der Ausdauer Probleme bekommen, also versuchte ich den Kampf aktiv zu gestallten. Reto Gisler ist ein starker Techniker und immer für einen Punkt gut. Ich musste äusserst wachsam sein!" so der Freistilspezialist. Dementsprechend startete Tobias dann auch mit einem gewohnt harten Ringstil in die Begegnung. Tobias hält den Kampf, im Gegensatz zu seinem Bruder, nicht am Mattenrand ab. "An der Zone ist schnell ein Punkt verloren. Ich wollte auf 3:0 ringen, da durfte das auf keinen Fall passieren." Natürlich mussten auch Punkte her. Die ersten erzielte er nach einer Minute bei einer Aktion, in welcher gleich beide Ringer einen Beinangriff versuchten. Tobias erweist sich als konsequenter, doch zwei Punkte reichten noch nicht. Der 21-Jährige powerte weiter und wurde belohnt. Gisler wurde ermahnt und musste in 30 Sekunden Punkten. Dies gelang ihm nicht. Tobias konnte kurz nach Ablauf der 30 Sekunden erneut einen Punkt sichern und führt mit 4:0 zur Pause. Tobias bleibt auch in der zweiten Hälfte weiter aktiv und wird erneut dafür belohnt. Gisler musste wieder innert 30 Sekunden punkten. Seinerseits brillierte Tobias defensiv und sicherte sich so den entscheidenden fünften Punkt. ,,Für mich war klar, der Sieg ist erst im trockenen, wenn die Zeit abgelaufen ist. An den Schlusspfiff dachte ich im Kampf nicht. Ich dachte nur daran, ja keinen Punkt mehr abzugeben." So wurde Tobias vom Angreifenden zu einem defensiven Ringer. Dann tatsächlich: Gisler gelingt keine Wertung mehr und Tobias wird mit erlösten Jubelschreien von seinen Teamkollegen gefeiert. "Natürlich habe ich mich gefreut, als alle auf mich gesprungen sind. Der Kampf war aber anstrengend und die Luft sehr knapp. Ich wusste wirklich nicht mehr, wo ich war", erzählte Tobias glücklich.
 

Zukunft

In den nächsten Wochen steht nun für beide Ringer das Grundlagentraining an. Das heisst es werden lange Trainings mit einem verhältnismässig tiefen Puls absolviert. Es wird nicht mehr oft gerungen, sondern viel mehr mit Krafttraining gearbeitet oder an der Technik gefeilt. Für Tobias ging es direkt nach dem Kampf erneut nach Magglingen, wo er mit dem Nationalkader trainiert. Er bereitet sich auf die kommende U23 EM im Frühling vor. Michael hingegen trainiert weiter in der heimischen Halle. Für Michael geht es dann anfangs Jahr ins Trainingslager nach Tenero. Welche Turniere er als nächstes Ringt ist noch unklar, doch um sein Ziel am der EM zu erreichen braucht er internationale Kämpfe. Die Beiden wollen etwas abschalten und die Festtage mit der Familie geniessen. Auf das Fondue Chinoise an Weihnachten freuen sich beide schon sehr.

Wir wünschen frohe Festtage!